Elternsein bringt viele neue Erfahrungen mit sich, aber auch einige alte, tief verborgene Themen. Oft wird uns erst durch die Interaktion mit unseren eigenen Kindern bewusst, wie stark unsere Vergangenheit und unsere Kindheitserfahrungen unser Verhalten prägen. Besonders deutlich wird das, wenn wir auf bestimmte Aktionen oder Emotionen unserer Kinder reagieren – sei es mit Wut, Frustration oder Ungeduld. Doch woran liegt das eigentlich?
1. Warum deine Reaktionen aus deiner Vergangenheit kommen
Wenn du wütend auf dein Kind reagierst, dann liegt das selten an dem, was dein Kind tatsächlich tut. Vielmehr ist die Handlung deines Kindes ein Auslöser, der eine längst gespeicherte emotionale Reaktion aus deiner eigenen Kindheit aktiviert.
Ein Beispiel:
• Dein Kind weigert sich, nach dem Essen am Tisch sitzen zu bleiben.
• Deine spontane Reaktion ist vielleicht Wut: „Ich durfte früher auch nicht aufstehen, also warum darfst du das jetzt?“
• Diese Wut hat jedoch weniger mit deinem Kind zu tun als mit deiner eigenen Erfahrung. In deiner Kindheit warst du vielleicht oft gezwungen, Regeln zu befolgen, die dir unfair erschienen, und diese unterdrückte Frustration kocht jetzt hoch.
Unsere Emotionen und Reaktionen werden stark durch die Erfahrungen gesteuert, die wir als Kinder gemacht haben – insbesondere durch Momente, in denen wir uns machtlos oder unfair behandelt fühlten.
2. Wie unterdrückte Wut aus der Kindheit uns beeinflusst
Als Kinder haben wir gelernt, uns anzupassen, um den Erwartungen unserer Eltern gerecht zu werden. Das bedeutete oft, dass wir unsere Emotionen, wie Wut oder Frustration, unterdrücken mussten, um nicht mit Strafen oder Ablehnung konfrontiert zu werden.
Die Folgen:
• Gefühle der Hilflosigkeit: Unterdrückte Emotionen aus der Kindheit führen dazu, dass wir uns in Konfliktsituationen hilflos fühlen – eine Emotion, die oft als Wut nach außen dringt.
• Unverarbeitete Verletzungen: Diese Wut reagiert nicht aus der Perspektive eines Erwachsenen, sondern aus der kindlichen Sicht, die uns noch immer prägt.
Hinter unserer Wut steckt also oft ein Schmerz: das Gefühl, nicht gehört oder unfair behandelt worden zu sein.
3. Kinder spiegeln unsere ungelösten Themen
Kinder sind wie kleine Spiegel, die uns unbewusst unsere eigenen Baustellen zeigen. Besonders dann, wenn sie sich so verhalten, wie wir es als Kinder vielleicht gerne getan hätten, aber nicht durften, oder wenn sie Emotionen zeigen, die wir selbst nie ausleben konnten.
Ein Beispiel:
• Dein Kind hat einen Wutanfall und du merkst, dass dich das extrem triggert.
• Warum? Weil du vielleicht selbst nie gelernt hast, mit Wut umzugehen, da deine eigenen Eltern dir beigebracht haben, dass Wut „nicht okay“ ist.
In solchen Momenten erkennen wir, dass wir oft genau das Verhalten ablehnen oder kritisieren, das uns selbst als Kind untersagt wurde.
4. Warum wir an uns arbeiten sollten
Elternsein gibt uns die einzigartige Chance, alte Muster zu durchbrechen und unseren Kindern etwas vorzuleben, was wir uns selbst als Kinder gewünscht hätten: den gesunden Umgang mit Emotionen.
Warum das wichtig ist:
• Vorbildfunktion: Kinder lernen den Umgang mit Gefühlen durch das, was sie bei uns sehen. Wenn wir unsere eigenen Emotionen bewusst reflektieren und regulieren, geben wir ihnen die Werkzeuge, das Gleiche zu tun.
• Starke Bindung: Wenn wir uns mit unseren eigenen Gefühlen auseinandersetzen, können wir besser auf die Emotionen unserer Kinder eingehen und eine tiefere Verbindung zu ihnen aufbauen.
• Generationenmuster durchbrechen: Indem wir unsere Kindheitserfahrungen aufarbeiten, verhindern wir, dass wir unbewusst die gleichen Muster an unsere Kinder weitergeben.
5. Ein Perspektivwechsel für Eltern
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Wut, die wir spüren, nicht „böse“ ist, sondern uns etwas über uns selbst sagen will. Sie zeigt uns, wo alte Verletzungen noch heilen müssen.
Ein Weg zur Heilung:
1. Reflektiere deine Gefühle: Frage dich in wütenden Momenten: „Warum fühle ich das gerade? Woher kenne ich dieses Gefühl?“
2. Akzeptiere deine Vergangenheit: Erkenne, dass deine Kindheitserfahrungen dich geprägt haben, aber du die Möglichkeit hast, neue Wege zu gehen.
3. Übe Selbstmitgefühl: Sei nicht zu streng mit dir selbst. Der Prozess, alte Muster zu durchbrechen, ist nicht immer einfach und braucht Zeit.
4. Werde aktiv: Arbeite bewusst an dir selbst, z. B. durch Journaling, Gespräche mit anderen Eltern oder professionelle Unterstützung.
6. Dein Kind als Chance zur Heilung
Dein Kind hilft dir, unbewusst alte Wunden zu erkennen. Es fordert dich heraus, diese zu heilen und gleichzeitig eine neue, gesunde Basis für zukünftige Generationen zu schaffen.
Was du dir merken kannst:
• Dein Kind drückt manchmal „Knöpfe“, die dich herausfordern – nutze diese Momente, um zu wachsen.
• Du bist keine schlechte Mutter oder kein schlechter Vater, wenn du Fehler machst – wichtig ist, dass du dich bemühst, dazuzulernen.
• Jedes Mal, wenn du deinen eigenen Schmerz reflektierst und bewusst handelst, machst du einen großen Schritt in Richtung einer liebevolleren Erziehung.
Fazit: Arbeite an dir, für dein Kind
Die Vergangenheit kann uns prägen, aber sie muss uns nicht kontrollieren. Deine Kindheitserfahrungen haben einen Einfluss auf deine Reaktionen, doch du hast die Möglichkeit, bewusst an dir zu arbeiten, um deinem Kind das vorzuleben, was du dir selbst gewünscht hättest: einen gesunden, liebevollen Umgang mit Gefühlen.
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Nutze die Chance, die dein Kind dir gibt, um alte Wunden zu heilen – für dich selbst und für eine liebevolle, bewusste Erziehung.
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